12.04.2020 Ostern

12.04.2020 Ostern

1. Korinther 15:12-28

12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten?  13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden.  14 Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.  15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.  16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden.  17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden;  18 dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.  19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

20 Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.  21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.  22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden.  23 Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird;  24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt.  25 Denn er muss herrschen, bis Gott »alle Feinde unter seine Füße gelegt hat« (Psalm 110,1).  26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.  27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.  28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

 

„Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!“ Das ist der freudige Osterruf, den sich die Christinnen und Christen an Ostern zurufen. Es ist ein Ruf, der geprägt ist von Vitalität und Freude. Doch können wir in diesem Jahr so ohne Weiteres in diesen Ruf einstimmen, liebe Freunde? Paulus spricht von Predigt, doch ist nicht alles Predigen verstummt? In diesem Jahr finden in den allermeisten Kirchen keine Gottesdienste statt, und wenn doch, dann sind das Gottesdienste fürs Fernsehen, auf jeden Fall ohne Gemeinde. Die Corona-Pandemie bestimmt das Leben in unseren Tagen. Und die Nachrichten lassen uns wenig jubeln. Die Zahl der Toten steigt Tag für Tag. Statt Jubel sind vielmehr Trauer und Klage angesagt. Düstere Stimmung ist aufgezogen, als ob wir nicht an Ostern, sondern noch am Karfreitag stehen. Und angesichts der Dramatik der Lage kommen Zweifel und Hoffnungslosigkeit auf. Kann es überhaupt eine Hoffnung, eine Perspektive für uns geben? Müssen wir nicht voll Angst zittern und zagen?

Offen gestanden stellt sich die Frage jedes Jahr zu Ostern, auch in besseren Zeiten. Denn es gibt kein Jahr, in dem es allen Menschen gut geht. Immer plagen Menschen Sorgen und Nöte. Krankheit und Trauer, Anfragen an die eigene Existenz, der Tod eines lieben Mitmenschen, all das lassen Menschen nicht begeistert in den Osterjubel einstimmen. Immer dann, wenn die Probleme und Krisen für einen zu groß werden, ist die Osterbotschaft auf dem Prüfstand. Was kann sie uns bringen? Trägt sie wirklich?

Und auch damals in der ersten Christenheit gab es mancherlei Zweifel. In Korinth waren ganz offensichtlich Menschen, die zwar kein Problem mit der Auferstehung Jesu hatten, aber mit der Botschaft, dass auch die Toten auferstehen werden. Und damit setzt sich Paulus auseinander.

Wie schon gesagt: Paulus spricht über die Verkündigung der Osterbotschaft. Und da denken wir zuerst an die Ereignisse des Ostermorgens, die uns die Evangelien berichten. Ganz zentral sehen wir die Frauen, die am Morgen zum Grab gehen, Menschen wie Du und ich, die angesichts des Todes eines lieben Mitmenschen voll Trauer sind. Wir können uns diesen Frauen anschließen. Ja, wenn man um einen lieben Menschen trauert, dann kann man an nichts anderes denken. Der Stein der Sorgen, der Stein, der das Grab verschlossen hält, liegt auf uns wie ein schwerer Mühlstein. Er drückt die Seele herunter. In diesen Stunden kann man schlecht an etwas anderes denken. Der Tod sieht so final aus, dass es kein Licht im Dunkel dieser Welt geben kann. Doch den Frauen begegnet am Grab ein Engel, ein Bote Gottes, einer, der eine Botschaft hat, eine Botschaft, die ganz anders ist als das, was die Gedanken der Frauen gefangen hält. Der Engel ist wie ein Prediger. Er predigt den Frauen die Botschaft vom Ostermorgen. Kehrt um, geht in eine neue Richtung, geht zurück in Euer Leben. Der, den Ihr sucht, der ist nicht hier. Er ist nicht bei den Toten, sondern Ihr werdet ihm begegnen mitten im Leben. Er ist auferstanden!

Für die Frauen am Ostermorgen war das nicht gleich zu fassen. Sie leisten den Worten des Boten Folge. Noch gehen sie mit gemischten Gefühlen, bis sie dem Auferstandenen begegnen.

Was ist aber mit dieser Predigt, wenn sie in Zweifel gezogen wird? Was bedeutet es, wenn die Osterbotschaft unterbleibt, wenn es keinen Weg weg von den Gräbern dieser Welt hin zu einem neuen Leben gibt? Und da geht es auch um die Frage der Echtheit dieser Botschaft. Wenn wir falsche Dinge verkünden würden, was hätten wir davon? Es würde uns nichts bringen! Wir wären die Elendsten in dieser Welt. Sich angesichts von Vergänglichkeit Illusionen hinzugeben, wäre geradezu peinlich.

Diesen Gedanken setzt Paulus ein Bekenntnis ganz vehement entgegen: „Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ Und damit macht Paulus ganz klar: Christus ist auferstanden! Und das gilt nicht nur für ihn selbst, sondern er ist sozusagen der Prototyp für diejenigen, die bereits aus diesem Leben geschieden sind, und all letztlich auch für alle, die noch aus diesem Leben scheiden werden.

Hierin liegt nun eine Perspektive für uns, die wir in dieser Welt mit all ihren Anfragen an unser Leben stehen. Paulus greift zurück auf die Schöpfungsgeschichte. Adam ist der Prototyp des Menschen. Wir alle stehen in der Struktur dieses menschlichen Wesens. Doch das bedeutet auch, dass wir gebunden sind an die Bedingungen dieser Welt und an das, was der Mensch daraus gemacht hat. Wir sind verstrickt in die Dinge, die uns letztlich an unsere Grenzen führen. Der Mensch verschränkt in sich selbst, ist unterworfen der Vergänglichkeit. Er kann  nicht aufblicken, er bleibt im Kreisen um sein eigenes Scheitern gefangen. Und das führt zu einer Leblosigkeit.

Demgegenüber steht der neue Mensch, der Mensch, der die Stricke des Todes durchbrochen hat, Christus, der auferstanden ist von den Toten. Und damit kann nicht einmal mehr der Tod etwas anhaben. Das ist die freudige Botschaft von Ostern.

Und dennoch: Was bringt mir diese Botschaft, wenn ich doch immer wieder auch das andere erfahre und erlebe? Was bringt mir die Auferstehung des Herrn, wenn ich selber zittern muss in Zeiten einer Pandemie oder aber auch anderer Sorgen und Nöte?

Wir stehen in einer Zwischenzeit. Das macht Paulus deutlich. Christus ist auferstanden. Mit ihm können und dürfen wir leben. Und dennoch stehen wir noch in dieser Welt und unter den Bedingungen dieser Welt. Der alte Adam ist noch präsent. Der Mensch unter den alten Voraussetzungen. Bis zur Vollendung am Ende der Zeiten werden wir in diesem Spannungsfeld stehen zwischen Zweifel, Hoffnungslosigkeit, Bedrückung und Infragestellung unseres Lebens auf der einen Seite und der Befreiung, Vergebung, Zuversicht, Trost und Hoffnung auf der anderen Seite. Christinnen und Christen sind Grenzgänger zwischen zwei Welten. Aber wir gehen auf die Vollendung zu und blicken somit nach vorne. Wir erwarten, dass am Ende alles in allem sein wird, so wie Paulus es hier schreibt.

Aber was machen wir mit der Zeit bis dahin? Die Zeit, die uns in  dieser Welt gegeben ist und bleibt, ist Zeit der Verkündigung. Predigen wir die Botschaft von Ostern mit Wort und Tat. Leben wir als Menschen, die vom Ostermorgen her geprägt sind, als Menschen, die in eine neue Richtung gehen, weg von den Stätten des Todes, hin zum Leben. Denn die Botschaft von Ostern möchte uns befreien aus unserer Perspektivlosigkeit und Lethargie. Sie möchte uns beleben, dass wir zu Protestleuten gegen den Tod werden. Mitten in den Krisen dieser Welt geht es darum, Zeichen der Hoffnung zu setzen, aufzustehen und den Mitmenschen in ihren Sorgen und Nöten beizustehen. Der Tod hat  nicht das letzte Wort. Wir setzen Zeichen des Lebens. Und wir trauen darauf, dass der lebendige und auferstandene Herr mit uns ist, und wir mit ihm am Ende der Zeiten das Leben in Fülle haben werden.

So lasst uns einstimmen in den Osterjubel: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!“ Es ist die Botschaft, die auch in den dunkelsten Zeiten dieser Welt aufzeigt, dass wir eine Zukunft haben, eine Zukunft mit und bei Gott.

Amen.

Ihr Pfarrer Carsten Klingenberg